Aspekte der Digitalisierung in der schulischen Bildung

Abb. Ira Diethelm, Uni Oldenburg / gelber Text: J.-P. Braun

Alle reden von Digitalisierung in Schulen ...
          ... doch was ist damit eigentlich gemeint?

Es gibt vier zentrale Gründe, weshalb das Thema "Digitalisierung" deutlich stärker als bisher Teil der schulischen Bildung wird:

  • (1) Digitale Medien ermöglichen sowohl eine Optimierung vorhandener Unterrichtsformen als auch neue, ergänzende Lehr- und Lernformen.
  • (2) Schülerinnen und Schüler müssen in einer von der Digitalisierung geprägten Welt angemessen auf das Leben in der derzeitigen und künftigen Gesellschaft vorbereitet und zu einer aktiven Teilhabe befähigt werden.
  • (3) Schule muss jungen Menschen das Erlangen entsprechender Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kenntnisse ermöglichen, die sie zu einem selbstständigen und mündigen Leben in einer digitalen Welt befähigen.
  • (4) In Zeiten von manipulierenden sozialen Netzwerken und Daten sammelnden Großkonzernen hat der übergeordnete Bildungsauftrag der Lehrerinnen und Lehrer, die Stärkung des Individuum und die Stärkung der Demokratie, gravierend an Bedeutung gewonnen.

Folgend werden diese vier bildungsrelevanten Perspektiven der Digitalisierung näher beschrieben.

(1) Werkzeug zur Verbesserung von Lehr- und Lernprozessen

Schlüsselfrage

  • Wie und womit können digitale Medien den schulischen Bildungsauftrag unterstützen?

Aspekt der Digitalisierung

  • Lehren & Lernen

Beschreibung

Digitale Endgeräte (z.B. Tablets), bestimmte Softwarelösungen (z.B. Programme zur dynamischen Darstellung geometrischer Fragestellungen) sowie virtuelle Lernräume (digitale Lernumgebungen und Lernmanagementsysteme) können Lehr- und Lernprozesse motivierender, effizienter und wirksamer werden lassen. Dieses ist völlig unabhängig vom Fach bzw. Lerngebiet und gilt sowohl für traditionelle als auch für neuere Unterrichtsthemen und Bildungsziele.

Aus den englischsprachigen Ländern sowie aus den Ländern Skandinaviens liegen mehrjährige Erfahrungen vor. Durch zahlreiche wissenschaftliche Studien gibt es ein umfangreiches Wissen darüber, wie und in welchem Umfang digitale Endgeräte und Cloud-Lösungen im Unterricht sinnvoll eingesetzt werden können.

Konzepte mit positiver Wirkung tragen Bezeichnungen wie Blended Learning oder Flipped Classroom. Diese Konzepte bilden die Grundlage des Lehrens und Lernens mit digitalen Medien an der IGS Lengede. Sie werden aktuell (2018) auf die Unterrichtskonzeption der IGS Lengede konkretisiert.

An der IGS Lengede werden Tablet, Lernmanagementsystem und weitere Cloud- und Softwarelösungen zur Verbesserung des Lehrens- und Lernens eingesetzt.

(2) Werkzeug des täglichen Lebens

Schlüsselfrage

  • Wie und wann nutze ich sinnvoll und kompetent digitale Medien?

Aspekt der Digitalisierung

  • Anwendung

Beitrag zur Allgemeinbildung

  • Lebensvorbereitung (gesellschaftliche Teihabe, Berufsfähigkeit)
  • Stiftung kultureller Köhärenz (Tradierung kultureller Errungenschaften, Ausgleich herkunftsbedingter Unterschiede)

Beschreibung

Computer, Notebooks, Smartphones, das Internet und ein Textverarbeitungsprogramm gehörten heute zu den Werkzeugen, die i.d.R. jeder Mensch in einer Industrienation beherrschen muss, um beruflich erfolgreich, am gesellschaftlichen Leben teilhaben und im Privatleben ohne Beeinträchtigung sein zu können.

Genauso, wie die Fähigkeit zu lesen nicht gleichbedeutend ist mit der Fähigkeit sinnentnehmend lesen zu können, die Fähigkeit die Technik des Schreibens zu beherrschen nicht gleichbedeutend ist mit der Fähigkeit, Texte so formulieren zu können, dass anderen den Inhalt zweifelsfrei verstehen und die Fähigkeit rechnen zu können, nicht automatische bedeutet. dass man in der Lage ist, diese Fähigkeit in variablen Situation zielgerichtet anzuwenden, so wenig  bedeutet das Smartphone in der Hand eines Kindes oder Jugendlichen und das tägliche Surfen im Internet, dass sie in der Lage sind, diese Werkzeuge sinnvoll, zielgerichtet und effizient einzusetzen.

"Durch die Digitalisierung entwickelt sich eine neue Kulturtechnik – der kompetente Umgang mit digitalen Medien –, die ihrerseits die traditionellen Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen ergänzt und verändert." (Kultusministerkonferenz 2016, S. 12)

An der IGS Lengede lernen die Schülerinnen und Schüler den kompetenten Umgang mit digitalen Endgeräten, Programmen und der Cloud.

(3) Die Welt verstehen

Schlüsselfrage

  • Wie und warum funktionieren digitale Geräte, Programme/Apps und die Cloud?

Aspekt der Digitalisierung

  • Technik

Beitrag zur Allgemeinbildung

  • Weltorientierung (Einordnung von Phänomenen)

Beschreibung

Eine zentrale Aufgabe von Schule ist, die jungen Menschen zu befähigen, die sie umgebene Welt so weit wie möglich zu verstehen. Die vielfältigen Anregungen, die Schule liefert, sollen Interessen wecken, die über den Horizont des Elternhauses, des Region und der eigenen Kultur hinausgehen. Genau deshalb beschäftigen wir uns in der Schule mit einer über den Dreisatz hinausgehenden Mathematik, mit physikalischen Naturgesetzen, mit historischen Entwicklungen und Ereignissen und mit fernen Ländern.

Da die Digitalisierung unser Leben in großen Teilen prägt, ist es unerlässlich, dass alle junge Menschen, die in den kommenden Jahren die Schule verlassen beispielsweise die Grundzüge der Programmierung kennen und die Funktionsweise des Internets verstehen.

An der IGS Lengede lernen die Schülerinnen und Schüler die Grundprinzipien digitaler Datenverarbeitung kennen und verstehen. (gilt ab Jg. 5 Sj. 2018/19 aufsteigend)

(4) Verhältnisse und Behauptungen kritisch hinterfragen

Schlüsselfrage

  • Wie und warum wirkt die Digitalisierung unserer Lebensumwelt?

Aspekt der Digitalisierung

  • Gesellschaft & Kultur

Beitrag zur Allgemeinbildung

  • Anleitung zum kritischen Vernunftgebrauch (Mündigkeit)
  • Entfaltung der Verantwortungsbereichtschaft (für sich selbst und andere)
  • Einübung in Verständigung und Kooperation
  • Stärkung des Schüler-Ichs (Persönlichkeitsentfaltung)

Beschreibung

In einer demokratischen Gesellschaft ist es genuine Aufgabe von Schule, die junge Generation zu befähigen, den Status Quo kritisch zu hinterfragen, Vorhandenes nicht als gegeben hinzunehmen, Auswirkungen von Handlungen und Entscheidungen abzuschätzen und systemisch zu denken.

Diese Grundidee des mündigen Bürgers bezeichnet man als Aufklärung. "Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen." (Kant)

Im Kontext der Digitalisierung und der digitales Wissen sammelnden Großkonzerne haben Themen wie Datenschutz, Schutz von Persönlichkeitsrechten, Anspruch auf Vergessen, Manipulation & Manupulierbarkeit, Überwachung, Chancenbewertung & Risikomanagement, Achtung & Wertschätzung sowie ethische Fragestellungen in Bezug auf eine demokratische, freie und humane Gesellschaft eine existenzielle Bedeutung angenommen.

An der IGS Lengede setzen sich Schüler und Lehrkräfte kritisch und reflektierend mit digitalen Medien und deren Folgen auseinander. (gilt ab Jg. 5 Sj. 2018/19 aufsteigend)

Digitale Mündigkeit der Schüler und Schülerinnen

"Zeitgemäße Bildung muss die digitale Mündigkeit der Schüler und Schülerinnen als ein zentrales Ziel anstreben. Mündige Menschen sollen die digitalen Werkzeuge verstehen und hinterfragen können. Diese Fähigkeit ist unerlässlich, um an gesellschaftlichen und politischen Debatten teilhaben und eigenverantwortliche Entscheidungen treffen zu können. [...]

Digitale Mündigkeit muss jedoch über reines Anwendungswissen oder informatische Grundlagen wie das Programmieren hinausgehen. Schüler und Schülerinnen sollen keine bloßen Nutzer, sondern diejenigen werden, die ihre Maschinen wirklich kontrollieren und beherrschen."

(Ausschnitt aus einem Positionspapier des Chaos Computer Clubs)